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ZIF-Expert:innen im Rollenspiel: Durch BLUE FLAG-Übung vernetzten Ansatz erleben

Europa
Deutschland
| ZIF-Meldung
Unsere zivilen Expert:innen in voller Aktion. Foto: ZIF/Wiedemann

Jana Bürgers und Christoph Wiedemann waren Anfang Juli im Allgäu - doch statt Bergwandern in Postkartenidylle standen intensive Verhandlungen und Auseinandersetzungen in "Centland" auf dem Programm. Sie haben ihre Eindrücke als zivile Mitspielende der Blue Flag-Übung für angehende Militärbeobachter:innen hier notiert:

"Wir sind alle in Centland, einem fiktiven Post-Konflikt-Staat. Erst kürzlich ist  ein Waffenstillstand geschlossen worden, für den nächsten Sonntag sind Wahlen geplant und die UN-Militärbeobachter:innen (UNMOs) stecken mittendrin. Generell sollen die UNMOs dafür sorgen, dass alle sicher und geschützt ihren Aktivitäten nachgehen können. Da gilt es, viele Fäden in der Hand und viele Bälle gleichzeitig in der Luft zu halten. Die UNMOs fahren Patrouille, werden Zeug:innen einer möglicherweise ethnisch motivierten Verschleppung und müssen bei einem Unfall Erste Hilfe leisten. Kaum sind sie zurück im Camp, kommen die Wahlbeobachter:innen der OSZE zu Besuch, über deren Präsenz in Centland am Morgen schon in der lokalen Zeitung berichtet worden ist. Wie verläuft die Zusammenarbeit zwischen zivilen und militärischen Beobachter:innen?

Die UNMOs sind Militärangehörige aus Deutschland und zahlreichen anderen Ländern, die am Bundeswehr United Nations Training Centre in Hammelburg zu Militärbeobachter:innen ausgebildet werden, um später im Rahmen von UN-Friedenseinsätzen z.B. in den Südsudan oder Libanon zu gehen. Die mehrtägige Übung „Blue Flag“ im Allgäu ist Abschluss und Höhepunkt des Kurses. Die Rolle der OSZE-Wahlbeobachter:innen wird von ZIF-Expert:innen aus dem Wahlbeobachter:innenpool gespielt. Wir stellen uns und unsere Aufgaben vor und machen klar, wie wichtig der Schutz der Wählenden auf dem Weg zum Wahllokal, in dessen Umgebung und natürlich auch während des Wahlvorgangs ist. Im Verlauf der Übung vertiefen wir die Informationen, lassen uns zur Sicherheitslage briefen, vergleichen die Mandate der jeweiligen Missionen und tauschen uns zu den Planungen für den Wahltag aus. Ein Minenfeld kann durchaus wichtig sein, wenn es auf dem Weg zum Wahllokal liegt, der Bürgermeister sollte bereits Vorbereitungen für den Wahltag treffen, eine Rekrutierungsveranstaltung könnte auch für den Wahlkampf (miss)braucht werden. Auf all diese Zusammenhänge weisen wir die UNMOs hin und bieten uns als Informant:innen mit Fachexpertise an, denn gleichzeitig müssen sie im Hubschrauber die Waffenstillstandslinie kontrollieren, verhandeln mit den Warlords, kümmern sich um Geflüchtete und behandeln Verletzte. Unter diesen Umständen ist die Gefahr gegeben, dass die Wahlvorbereitungen in Vergessenheit zu geraten.

Je intensiver unser Kontakt wird und je besser die Auszubildenden verstehen, welche Rolle Wahlen und deren Beobachtung spielen, desto mehr bauen sie die Thematik in ihre Agenda ein. Im Rollenspiel treffen wir uns bei einem illegal eingerichteten Wahllokal und die Zusammenarbeit funktioniert teilweise richtig gut. Der Blick für Unregelmäßigkeiten im Wahllokal wurde geschärft. Gemeinsam beobachten wir, wie auch wir als nicht Wahlberechtigte zur Stimmabgabe eingeladen werden, bereits gekennzeichnete Stimmzettel ausgegeben werden, Wähler:innen mit Schusswaffen bedroht werden, das Kreuz an der richtigen Stelle zu machen, eine schwer bewaffnete Person an der Wahlurne erst die Wahlzettel sehen will, ehe sie eingeworfen werden dürfen und Überwachungskameras hinter den Stimmkabinen angebracht sind.

Im Anschluss an die praktische Übung wird die Zusammenarbeit reflektiert. Während der abendlichen Briefings gilt es, eine kurze und konstruktive Rückmeldung an die Trainingsleitung zu geben, damit das Rollenspielszenario für den nächsten Tag entsprechend angepasst werden kann, um den größtmöglichen Lernerfolg zu erzielen. Es ist sehr bereichernd, die je unterschiedliche Arbeits- und Denkweise von Polizei, Zivilen und Militär näher kennenzulernen und eine gemeinsame Sprache zu finden und somit zu mehr Sicherheit und Stabilität beizutragen."

Seit einigen Jahren können Mitglieder des ZIF Expert Pools als Rollenspieler:innen an zivil-militärischen Übungen teilnehmen, um die jeweils anderen Arbeitskulturen kennenzulernen und sich so "vernetzt" und möglichst praxisnah auf Einsätze vorzubereiten. Das ZIF begleitet die zivilen Teilnehmenden bei Bedarf in der Vorbereitung, Durchführung und Nachbereitung. Ausschreibungen und Aufrufe für Rollenspieler:innen bzw. Übungsteilnehmende veröffentlichen wir regelmäßig im Mitgliederbereich.