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Tarik Ndifi

Civil-Military-Coordination Officer
OCHA Sudan
September 2021 – März 2022


Erfahrungen als Civil-Military Coordination Officer

Durch meine Karriere bei der Bundeswehr habe ich bis 2010 Erfahrung in vielseitigen und multinationalen Stationen gesammelt. Während meiner Einsätze als Soldat - sowohl in Uniform als auch in zivil - konnte ich als Analyst in Bosnien und Herzegowina und als Verbindungsoffizier in der Demokratischen Republik Kongo sehen, wie wichtig gute Koordination zwischen allen Akteur:innen ist, wenn Missionsziele erreicht werden sollen. Gerade die Erfahrung in der hybriden zivil-militärischen Mission der EU im Kongo, wo ich die Arbeit der EU-Mission mit den zivilen und militärischen Komponenten der VN vor Ort und den kongolesischen Streitkräften koordiniert habe, hat mein Interesse an internationalem Konfliktmanagement gestärkt. Andere Auslandseinsätze in koordinierender Tätigkeit folgten nach meiner Bundeswehrzeit. Unter anderem war ich als Executive Officer für die EU im Irak und in Palästina sekundiert sowie für die OSZE und deren viele Feldmissionen als Analyst/Researcher tätig, bevor ich als ZIF-Sekundierter bei OCHA als Civil-Military Coordination (CMC) Officer im Sudan gearbeitet habe.
 

Einsatzzeit und Aufgaben im Sudan

Der Sudan wird seit vielen Jahren durch verschiedene VN-Programme unterstützt. Die Aufgabe des „Amtes der Vereinten Nationen für die Koordinierung humanitärer Angelegenheiten“, wie OCHA im Deutschen offiziell heißt, ist es, die Arbeit der VN-Agenturen (WFP, UNHCR, UNICEF, FAO, WHO usw.) mit den internationalen Geldgebenden und internationalen Nicht-Regierungsorganisationen (INGOs) landesweit zu koordinieren. Bis vor wenigen Jahren war die inzwischen beendete VN/AU Friedensmission UNAMID für diese Zusammenarbeit zuständig.

Meine Aufgabe war es, die vorhandenen aber inzwischen obsoleten Richtlinien und Vereinbarungen aus den Zeiten der VN/AU-Mission neu zu verfassen. Nicht zuletzt galt es, völlig unerwartet, verlorenes Vertrauen zwischen den humanitären Akteur:innen und den sudanesischen Offiziellen wieder aufzubauen, da nur wenige Tage nach meinem Eintreffen im Sudan ein Militärputsch stattgefunden hatte. Trotz des offenen Misstrauens ist es mir glücklicherweise gelungen – in manchen Regionen zum ersten Mal, an anderer Stelle erstmals seit der Revolution 2018/19 –, wieder humanitäre Vertreter:innen der VN und der INGOs mit Vertreter:innen der sudanesischen Sicherheitskräfte (Militär, Polizei, Katastrophenschutz, Geheimdienst) an einen Tisch bringen. So konnten Zuständigkeiten besprochen, das Verständnis für die jeweilige Arbeit gestärkt, und nicht zuletzt auch persönliche Kontakte zwischen oft unbewusst nebeneinander arbeitenden humanitären Akteur:innen hergestellt werden.
 

Meine Motivation als Civil-Military-Coordination Officer

Die Möglichkeit, meine Erfahrungen aus Berufen mit zwei sehr unterschiedlichen Sichtweisen einzubringen, ist optimal für mich. Einerseits fällt es mir als ehemaligem Soldaten sehr leicht, die operativen Ansätze, das hierarchische Denken und die organisatorischen Strukturen der Sicherheitsdienste zu verstehen. Außerdem kann ich nicht zuletzt auch deren „Befürchtungen“ nachvollziehen, wenn es um die Zusammenarbeit mit Zivilist:innen geht. Und andererseits hat meine Arbeit als Konfliktanalyst und Missionsberater mein Verständnis für politische und humanitäre Erfordernisse und Ansätze geschärft. Der Umstand, dass mit wenigen Ausnahmen weder auf der einen noch auf der anderen Seite Kolleg:innen mit Erfahrung aus beiden Bereichen anzutreffen sind, macht es nicht immer leicht, einander zu verstehen.

Als Koordinator der zivil-militärischen Zusammenarbeit entsteht ein wesentlicher Teil meiner Berufszufriedenheit, wenn es mir gelingt, dass beide Seiten sich mit Hilfe meiner Beratung auf eine Kooperation einigen können und Prozesse vorankommen. Ohne ein solides Wissen um historische und politische Hintergründe kann man in dieser Tätigkeit kaum erfolgreich sein. Umso wichtiger ist es, sich wirklich für kulturelle Besonderheiten zu interessieren und sensibel auf die Gegebenheiten reagieren zu können – im Zweifel hilft es, gemeinsam viel Tee zu trinken.